Seit ungefähr drei Wochen
denke ich über das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter nach und so möchte ich
heute einige Gedanken bzw. 3 Aspekte zum Gleichnis des Barmherzigen Samariters
teilen.
Christus belehrte viel in
Gleichnisse. Eine gute Definition des Wortes „Gleichnis“ finden wir im
Schriftenführer.
„Eine einfache Geschichte, die dazu dient, eine geistige
Wahrheit oder ein geistiges Prinzip zu veranschaulichen. Ein Gleichnis beruht
auf dem Vergleich eines Gebrauchsgegenstands oder einer alltäglichen
Begebenheit mit einer Wahrheit, und die zugrundeliegende Bedeutung oder
Botschaft ist dem Zuhörer, der geistig nicht darauf vorbereitet ist, sie zu
empfangen, oft verborgen (Mt 13:10–17).“ (Quelle: Schriftenführer „Gleichnis“)
Auch wir nutzen oft
Gleichnisse in unseren Belehrungen, Ansprachen oder Themen. Wir kennen es aber
als Geschichten und Begebenheiten aus unserem Leben, die wir als
Glaubensstärkend oder als eine ganze besondere Belehrung empfunden haben.
Das Gleichnis vom
Barmherzigen Samariter möchte ich an dieser Stelle nicht komplett vorlesen,
sondern nur Auszugsweise behandeln. Sie können gern das Gleichnis in Lukas 10 selbst
nachlesen.
Zu Beginn des Gleichnisses
heißt es: „Es war ein Mensch, der ging
von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus
und schlugen ihn und gingen davon und ließen ihn halbtot liegen.“ (Lukas 10:30)
Ich hatte gesagt, dass ich
3 Aspekte in diesem Gleichnis teilen möchte. Als erstes möchte ich in die Rolle
des Menschen schlüpfen, der von Jerusalem nach Jericho ging. Dazu ist es
notwendig, einige Symboliken in diesem Gleichnis zu erklären.
Die Stadt Jerusalem dient
als eine symbolische Ortsangabe. Jerusalem liegt auf 800m Höhe. Jerusalem ist
auch als „Heilige Stadt“ bekannt. Demnach steht Jerusalem für die Gegenwart
Gottes.
Jericho liegt auf 245m
unter dem Meeresspiegel. Somit stellt der Weg nach Jericho unser Erdenleben
dar.
Demnach stelle ich die
gerade erwähnte Schriftstelle etwas um.
„Es waren wir Menschen, und wir kamen aus der
Gegenwart Gottes hinab auf die Erde und wir haben mit den Herausforderungen des
Lebens zu kämpfen, die uns teilweise schwer zu schaffen machen.“
Somit wird das Gleichnis
vielleicht etwas greifbarer und wir erkennen den ersten Aspekt darin, nämlich
bei dem Menschen handelt es sich um einen jeden einzelnen von uns. Wir alle
kommen aus der Gegenwart Gottes hier auf Erden und durchleben Herausforderungen.
Oft fragen wir uns dabei „Warum“. - Warum ich?
Meine Arbeitskollegin, die
in der vergangenen Woche erfahren hat, dass sie an einer unheilbaren Augenkrankheit
leidet, wird sich bestimmt fragen, Warum?
Oder Melisssa Cochran und ihre
Familie wird sich fragen, Warum? Melissa und ihr Mann, Kurt, sind zum 25. Hochzeitstag
nach London geflogen, um Melissas Eltern zu besuchen, die derzeit auf Tempelmission
in London sich befinden. Kurt Cochran ist einer der Opfer, der bei dem
Terroranschlag in London ums Leben gekommen ist.
Vielleicht haben sie ein
Erlebnis, eine Herausforderung oder Prüfung in ihrem Leben, welches sie zu
schaffen macht und sie sich fragen, Warum? Vielleicht waren Sie Opfer von
schlechten Entscheidungen anderer – wenn jemand z.B. sich entschieden hat,
ihnen etwas zu klauen. Oder sie hatten einen Unfall, oder sie haben wenig Geld,
oder, oder, oder …
Egal was es ist, die Frage
nach dem „Warum“ kommt oft unweigerlich. Die Frage nach dem „Warum“ lässt sich
nicht leicht und oft auch nicht zufriedenstellend beantworten.
Der Mann, welcher von
Jerusalem nach Jericho gegangen ist, hat sich, zumindest ist es nicht in diesem
Gleichnis berichtet, nicht die Frage nach dem „Warum“ gestellt. Er hat sich
helfen lassen und Hilfe dankbar angenommen.
Ich möchte ich kurz eine
Beobachtung mit ihnen teilen. In den Vergangenen sechs Jahren habe ich oft die
Neigung gesehen, dass wenn etwas im Leben nicht so gelaufen ist, wie man es
sich gewünscht hätte, als erstes die Hilfe, die der Himmlische Vater uns
anbietet, abgelehnt wird. D.h. im Klartext: Es wird das persönliche Gebet und
das Schriftstudium vernachlässigt. Die Versammlungen in der Kirche werden
weniger besucht oder man ist nur noch körperlich anwesend, um Fehler an andere
zu finden oder sich über etwas aufzuregen. Der Besuch des Tempels wird
vernachlässigt. Der Zehnten wird nicht voll gezahlt. Es wird nicht mehr
gefastet und auch kein Fastopfer gezahlt. Berufungen in der Kirche werden nicht
angenommen. Und oft kommt das Verhalten zu Tage, wie bei dem Priester und dem
Levit aus dem Gleichnis, nämlich das die Hilfe, welche jemand anderes benötigt,
ignoriert, übersehen oder verurteilt wird, anstatt zu helfen.
Die Gründe sind oft banal.
Oft ist der Blick des Glaubens getrübt, und man begründet dies mit „Das eine
hat doch mit dem anderen zu tun.“
Vor vielen Jahren habe ich
mir auf einen kleinen Notizzettel ein paar Gedanken aufgeschrieben, die ich
glaube, von Präsident Eyring stammen.
Die Krankheit: sündiges
Denken und Handeln [dies bezieht sich auf das eigene Denken und Handeln, aber
auch auf das Denken und Handeln anderer Personen, die uns dadurch beeinflussen]
Das Hilfsmittel: die
Kirche mit ihren Ämtern und Programmen
Das Heilmittel: das
Evangelium Jesu Christi mit seiner Reinheit, Schönheit und seinen reichen
Verheißungen
Das Heilverfahren:
Aneignung der richtigen Einstellung und überwinden der Schwächen durch
Aktivität und gute Werke
Ich möchte diesen Aspekt
aus dem Gleichnis mit einer Anekdote beenden, die ich vor Jahren gehört habe.
Ein Priester in der afrikanischen Steppe gerät in
Treibsand. Langsam geht er unter. Als er bis zu den Knien schon untergegangen
ist kommt die Feuerwehr vorbei und frägt: „Können wir helfen?“ Der Priester
antwortet: „Nein, denn Gott hilft mir.“ Also fährt die Feuerwehr weiter.
Als er bis zur Brust untergegangen ist kommt die
Feuerwehr erneut vorbei und frägt erneut: „Können wir helfen?“ Wieder gibt der
Priester dieselbe Antwort und sagt: „Nein, Danke. Gott hilft mir.“ Also fährt
die Feuerwehr weiter.
Als nur noch sein Gesicht rausschaut kommt die
Feuerwehr zum dritten Mal vorbei und frägt: „Können wir helfen?“ Und wieder die
Antwort: „Nein, Danke. Gott hilft mir.“ Kaum gesagt, ist er untergegangen.
Als er auf der anderen Seite Gott trifft ist er leicht
sauer und vorwurfsvoll fragt er Gott: „Ich habe immer an dich geglaubt, aber du
hast mich im Stich gelassen. Warum hast du mir nicht geholfen?“
In seiner liebevollen und ruhigen Art antwortet Gott: „Ich
wollte dir helfen, nur hast du dir nicht helfen lassen. Dreimal habe ich die
Feuerwehr geschickt, um dir zu helfen. Nur du hast dich geweigert, diese Hilfe anzunehmen.“
Ich möchte nun zu dem
zweiten Aspekt übergehen.
„Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da er ihn sah, jammerte ihn sein, ging zu ihm, verband ihm
seine Wunden und goß darein Öl und Wein und hob ihn auf sein Tier und führte
ihn in die Herberge und pflegte sein.“ (Lukas 10:33, 34)
Die Frage, die ich mir
gestellt habe, ist: „Warum war der Samariter vorbereitet zu helfen?“
Heute, wenn wir mit dem
Auto unterwegs sind, haben wir in der Regel einen Verbandskasten im Auto, um
die medizinische Erst- bzw. Notfallversorgung durchzuführen. In dem
Verbandskasten liegt auch oft eine Anleitung, wie man erste Hilfe leistet. Dann
haben wir noch ein Handy und rufen die 112 und ein Rettungswagen kommt
innerhalb von 8 Minuten und übernimmt die weitere medizinische Versorgung bis
das Unfallopfer im Krankenhaus ist.
Damals die Maultiere
hatten keine Halterung für ein erste Hilfe Kasten. Es war auch damals keine
Vorschrift eine erste Hilfe Kasten an seinem Maultier mitzuführen. Es gab kein
Smartphone mit Navigationsfunktion, wo man einfach sagen konnte: „OK, google,
wo ist die nächste Herberge?“
Der Samariter war
vorbereitet und bereit zu helfen.
Sind wir vorbereitet?
Viele Brüder in der Kirche tragen das Melchisedekische Priestertum und haben
somit das Anrecht, Krankensegen zu spenden. Liebe Brüder, die diese Vollmacht
besitzen, sind sie vorbereitet? Kennen Sie den Text für einen Krankensegen? Haben
sie immer Öl dabei, um einen Krankensegen spenden zu können? Sind sie geistig
offen, die Hilfe zu sehen, die jemand benötigt?
Liebe Leser, sind sie
vorbereitet Ihr Zeugnis mit anderen zu teilen und sie durch ihr Zeugnis zu
stärken?
Oft ist es nicht viel,
anderen zu helfen. Manchmal ist es einfach zuhören, manchmal ist es einfach,
dass wir für jemanden beten und manchmal ist es, dass wir bereit sind, unser
Zeugnis zu teilen.
Im Lied im Gesangbuch „Wie
groß die Weisheit und die Lieb“ (Nr. 122) in der 5. Strophe wird eine herrliche
Aussage getroffen:
„Wie groß, wie herrlich und wie schön, ist der
Erlösungsplan, wo Lieb,
Gerechtigkeit und Gnad uns führen himmelan.“
Ich hoffe, wir haben
solche Erkenntnis erlangt und können diese mit anderen teilen.
Nun komme ich kurz zum
dritten Aspekt – die Herberge.
Ich musste über die
Herberge nachdenken. Ich habe mich gefragt, was eine gute Herberge ausmacht. Mir
ging dann ein Erlebnis vom letzten Jahr durch den Kopf. Ich war mit einem
Arbeitskollegen zwei Tage am Königssee wandern. Als wir abends nach fast 11
Stunden wandern die Berghütte erreicht hatten, waren wir überglücklich. Wir wurden
von dem Hüttenwirt empfangen, der trotz Küchenschluss uns und anderen noch Essen
servierte. Auch hatten wir gute Gespräche mit den anderen Bergwanderern. Ich
kann das Aussehen der Hütte nicht mehr beschreiben. Aber die Atmosphäre in der
Hütte war durch den Hüttenwirt, den Angestellten sowie den anderen Wanderern sehr
angenehm und man konnte sich von den Strapazen erholen und neue Kraft für die
Wanderung am nächsten Tag schöpfen.
Die Herberge aus dem
Gleichnis möchte ich mit der Kirche vergleichen.
Die Kirche und das
Evangelium Jesu Christi sind wahr. Aber den Wohlfühlfaktor innerhalb einer
Kirchgemeinde bestimmen wir selbst.
Nicht nur die Kirche, auch
unser Zuhause kann eine Herberge sein, wo wir uns von den Sorgen und Nöten der
Welt ausruhen können und Kraft schöpfen können. Aber auch hier ist das Zuhause
nur so gut, wie wir es pflegen – und damit meine ich nicht, die Wandfarbe,
Teppich, Pflanzen usw. Damit meine ich den Umgangston, der dort gepflegt wird
oder die Filme, die geschaut werden oder die Spiele, die dort gespielt werden. Damit
meine ich, ob das Gebet und das Schriftstudium gepflegt wird. Damit meine ich,
ob Familienheimabend und sinnvolle Freizeitaktivitäten gepflegt werden. Damit
meine ich, welchen Geist wir selbst zu Hause haben.
Zum Abschluss möchte ich
aus Moroni zitieren.
„Darum möchte ich zu euch sprechen, die ihr von der
Kirche seid, die ihr die friedlichen Nachfolger Christi seid und die ihr
genügend Hoffnung erlangt habt, durch die ihr in die Ruhe des Herrn eingehen
könnt, von dieser Zeit an, bis ihr bei ihm im Himmel ausruhen werdet.“ (Moroni
7:3)
Diese Ruhe, von der hier
gesprochen wird, wird uns heute, hier und jetzt versprochen. Diese Ruhe können
wir haben, wenn wir uns ernsthaft über die 3 Aspekte aus dem Gleichnis des
barmherzigen Samariters Gedanken machen und diese umsetzen. Diese Ruhe kann ein
jeder haben, egal wo und zu welcher Zeit man auf der Erde lebt. Davon gebe ich
Zeugnis.
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