Mittwoch, 29. März 2017

Der barmherzige Samariter


Seit ungefähr drei Wochen denke ich über das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter nach und so möchte ich heute einige Gedanken bzw. 3 Aspekte zum Gleichnis des Barmherzigen Samariters teilen.



Christus belehrte viel in Gleichnisse. Eine gute Definition des Wortes „Gleichnis“ finden wir im Schriftenführer.



Eine einfache Geschichte, die dazu dient, eine geistige Wahrheit oder ein geistiges Prinzip zu veranschaulichen. Ein Gleichnis beruht auf dem Vergleich eines Gebrauchsgegenstands oder einer alltäglichen Begebenheit mit einer Wahrheit, und die zugrundeliegende Bedeutung oder Botschaft ist dem Zuhörer, der geistig nicht darauf vorbereitet ist, sie zu empfangen, oft verborgen (Mt 13:10–17).“ (Quelle: Schriftenführer „Gleichnis“)



Auch wir nutzen oft Gleichnisse in unseren Belehrungen, Ansprachen oder Themen. Wir kennen es aber als Geschichten und Begebenheiten aus unserem Leben, die wir als Glaubensstärkend oder als eine ganze besondere Belehrung empfunden haben.



Das Gleichnis vom Barmherzigen Samariter möchte ich an dieser Stelle nicht komplett vorlesen, sondern nur Auszugsweise behandeln. Sie können gern das Gleichnis in Lukas 10 selbst nachlesen.



Zu Beginn des Gleichnisses heißt es: „Es war ein Mensch, der ging von Jerusalem hinab gen Jericho und fiel unter die Mörder; die zogen ihn aus und schlugen ihn und gingen davon und ließen ihn halbtot liegen.“ (Lukas 10:30)



Ich hatte gesagt, dass ich 3 Aspekte in diesem Gleichnis teilen möchte. Als erstes möchte ich in die Rolle des Menschen schlüpfen, der von Jerusalem nach Jericho ging. Dazu ist es notwendig, einige Symboliken in diesem Gleichnis zu erklären.



Die Stadt Jerusalem dient als eine symbolische Ortsangabe. Jerusalem liegt auf 800m Höhe. Jerusalem ist auch als „Heilige Stadt“ bekannt. Demnach steht Jerusalem für die Gegenwart Gottes.

Jericho liegt auf 245m unter dem Meeresspiegel. Somit stellt der Weg nach Jericho unser Erdenleben dar.



Demnach stelle ich die gerade erwähnte Schriftstelle etwas um.



„Es waren wir Menschen, und wir kamen aus der Gegenwart Gottes hinab auf die Erde und wir haben mit den Herausforderungen des Lebens zu kämpfen, die uns teilweise schwer zu schaffen machen.“



Somit wird das Gleichnis vielleicht etwas greifbarer und wir erkennen den ersten Aspekt darin, nämlich bei dem Menschen handelt es sich um einen jeden einzelnen von uns. Wir alle kommen aus der Gegenwart Gottes hier auf Erden und durchleben Herausforderungen. Oft fragen wir uns dabei „Warum“. - Warum ich?



Meine Arbeitskollegin, die in der vergangenen Woche erfahren hat, dass sie an einer unheilbaren Augenkrankheit leidet, wird sich bestimmt fragen, Warum?

Oder Melisssa Cochran und ihre Familie wird sich fragen, Warum? Melissa und ihr Mann, Kurt, sind zum 25. Hochzeitstag nach London geflogen, um Melissas Eltern zu besuchen, die derzeit auf Tempelmission in London sich befinden. Kurt Cochran ist einer der Opfer, der bei dem Terroranschlag in London ums Leben gekommen ist.



Vielleicht haben sie ein Erlebnis, eine Herausforderung oder Prüfung in ihrem Leben, welches sie zu schaffen macht und sie sich fragen, Warum? Vielleicht waren Sie Opfer von schlechten Entscheidungen anderer – wenn jemand z.B. sich entschieden hat, ihnen etwas zu klauen. Oder sie hatten einen Unfall, oder sie haben wenig Geld, oder, oder, oder …



Egal was es ist, die Frage nach dem „Warum“ kommt oft unweigerlich. Die Frage nach dem „Warum“ lässt sich nicht leicht und oft auch nicht zufriedenstellend beantworten.



Der Mann, welcher von Jerusalem nach Jericho gegangen ist, hat sich, zumindest ist es nicht in diesem Gleichnis berichtet, nicht die Frage nach dem „Warum“ gestellt. Er hat sich helfen lassen und Hilfe dankbar angenommen.



Ich möchte ich kurz eine Beobachtung mit ihnen teilen. In den Vergangenen sechs Jahren habe ich oft die Neigung gesehen, dass wenn etwas im Leben nicht so gelaufen ist, wie man es sich gewünscht hätte, als erstes die Hilfe, die der Himmlische Vater uns anbietet, abgelehnt wird. D.h. im Klartext: Es wird das persönliche Gebet und das Schriftstudium vernachlässigt. Die Versammlungen in der Kirche werden weniger besucht oder man ist nur noch körperlich anwesend, um Fehler an andere zu finden oder sich über etwas aufzuregen. Der Besuch des Tempels wird vernachlässigt. Der Zehnten wird nicht voll gezahlt. Es wird nicht mehr gefastet und auch kein Fastopfer gezahlt. Berufungen in der Kirche werden nicht angenommen. Und oft kommt das Verhalten zu Tage, wie bei dem Priester und dem Levit aus dem Gleichnis, nämlich das die Hilfe, welche jemand anderes benötigt, ignoriert, übersehen oder verurteilt wird, anstatt zu helfen.

Die Gründe sind oft banal. Oft ist der Blick des Glaubens getrübt, und man begründet dies mit „Das eine hat doch mit dem anderen zu tun.“



Vor vielen Jahren habe ich mir auf einen kleinen Notizzettel ein paar Gedanken aufgeschrieben, die ich glaube, von Präsident Eyring stammen.



Die Krankheit: sündiges Denken und Handeln [dies bezieht sich auf das eigene Denken und Handeln, aber auch auf das Denken und Handeln anderer Personen, die uns dadurch beeinflussen]



Das Hilfsmittel: die Kirche mit ihren Ämtern und Programmen



Das Heilmittel: das Evangelium Jesu Christi mit seiner Reinheit, Schönheit und seinen reichen Verheißungen



Das Heilverfahren: Aneignung der richtigen Einstellung und überwinden der Schwächen durch Aktivität und gute Werke



Ich möchte diesen Aspekt aus dem Gleichnis mit einer Anekdote beenden, die ich vor Jahren gehört habe.



Ein Priester in der afrikanischen Steppe gerät in Treibsand. Langsam geht er unter. Als er bis zu den Knien schon untergegangen ist kommt die Feuerwehr vorbei und frägt: „Können wir helfen?“ Der Priester antwortet: „Nein, denn Gott hilft mir.“ Also fährt die Feuerwehr weiter.

Als er bis zur Brust untergegangen ist kommt die Feuerwehr erneut vorbei und frägt erneut: „Können wir helfen?“ Wieder gibt der Priester dieselbe Antwort und sagt: „Nein, Danke. Gott hilft mir.“ Also fährt die Feuerwehr weiter.

Als nur noch sein Gesicht rausschaut kommt die Feuerwehr zum dritten Mal vorbei und frägt: „Können wir helfen?“ Und wieder die Antwort: „Nein, Danke. Gott hilft mir.“ Kaum gesagt, ist er untergegangen.

Als er auf der anderen Seite Gott trifft ist er leicht sauer und vorwurfsvoll fragt er Gott: „Ich habe immer an dich geglaubt, aber du hast mich im Stich gelassen. Warum hast du mir nicht geholfen?“

In seiner liebevollen und ruhigen Art antwortet Gott: „Ich wollte dir helfen, nur hast du dir nicht helfen lassen. Dreimal habe ich die Feuerwehr geschickt, um dir zu helfen. Nur du hast dich geweigert, diese Hilfe anzunehmen.“



Ich möchte nun zu dem zweiten Aspekt übergehen.



„Ein Samariter aber reiste und kam dahin; und da er ihn sah, jammerte ihn sein, ging zu ihm, verband ihm seine Wunden und goß darein Öl und Wein und hob ihn auf sein Tier und führte ihn in die Herberge und pflegte sein.“ (Lukas 10:33, 34)



Die Frage, die ich mir gestellt habe, ist: „Warum war der Samariter vorbereitet zu helfen?“



Heute, wenn wir mit dem Auto unterwegs sind, haben wir in der Regel einen Verbandskasten im Auto, um die medizinische Erst- bzw. Notfallversorgung durchzuführen. In dem Verbandskasten liegt auch oft eine Anleitung, wie man erste Hilfe leistet. Dann haben wir noch ein Handy und rufen die 112 und ein Rettungswagen kommt innerhalb von 8 Minuten und übernimmt die weitere medizinische Versorgung bis das Unfallopfer im Krankenhaus ist.



Damals die Maultiere hatten keine Halterung für ein erste Hilfe Kasten. Es war auch damals keine Vorschrift eine erste Hilfe Kasten an seinem Maultier mitzuführen. Es gab kein Smartphone mit Navigationsfunktion, wo man einfach sagen konnte: „OK, google, wo ist die nächste Herberge?“

Der Samariter war vorbereitet und bereit zu helfen.



Sind wir vorbereitet? Viele Brüder in der Kirche tragen das Melchisedekische Priestertum und haben somit das Anrecht, Krankensegen zu spenden. Liebe Brüder, die diese Vollmacht besitzen, sind sie vorbereitet? Kennen Sie den Text für einen Krankensegen? Haben sie immer Öl dabei, um einen Krankensegen spenden zu können? Sind sie geistig offen, die Hilfe zu sehen, die jemand benötigt?



Liebe Leser, sind sie vorbereitet Ihr Zeugnis mit anderen zu teilen und sie durch ihr Zeugnis zu stärken?

Oft ist es nicht viel, anderen zu helfen. Manchmal ist es einfach zuhören, manchmal ist es einfach, dass wir für jemanden beten und manchmal ist es, dass wir bereit sind, unser Zeugnis zu teilen.



Im Lied im Gesangbuch „Wie groß die Weisheit und die Lieb“ (Nr. 122) in der 5. Strophe wird eine herrliche Aussage getroffen:



„Wie groß, wie herrlich und wie schön, ist der Erlösungsplan, wo Lieb,

Gerechtigkeit und Gnad uns führen himmelan.“



Ich hoffe, wir haben solche Erkenntnis erlangt und können diese mit anderen teilen.



Nun komme ich kurz zum dritten Aspekt – die Herberge.



Ich musste über die Herberge nachdenken. Ich habe mich gefragt, was eine gute Herberge ausmacht. Mir ging dann ein Erlebnis vom letzten Jahr durch den Kopf. Ich war mit einem Arbeitskollegen zwei Tage am Königssee wandern. Als wir abends nach fast 11 Stunden wandern die Berghütte erreicht hatten, waren wir überglücklich. Wir wurden von dem Hüttenwirt empfangen, der trotz Küchenschluss uns und anderen noch Essen servierte. Auch hatten wir gute Gespräche mit den anderen Bergwanderern. Ich kann das Aussehen der Hütte nicht mehr beschreiben. Aber die Atmosphäre in der Hütte war durch den Hüttenwirt, den Angestellten sowie den anderen Wanderern sehr angenehm und man konnte sich von den Strapazen erholen und neue Kraft für die Wanderung am nächsten Tag schöpfen.



Die Herberge aus dem Gleichnis möchte ich mit der Kirche vergleichen.

Die Kirche und das Evangelium Jesu Christi sind wahr. Aber den Wohlfühlfaktor innerhalb einer Kirchgemeinde bestimmen wir selbst.



Nicht nur die Kirche, auch unser Zuhause kann eine Herberge sein, wo wir uns von den Sorgen und Nöten der Welt ausruhen können und Kraft schöpfen können. Aber auch hier ist das Zuhause nur so gut, wie wir es pflegen – und damit meine ich nicht, die Wandfarbe, Teppich, Pflanzen usw. Damit meine ich den Umgangston, der dort gepflegt wird oder die Filme, die geschaut werden oder die Spiele, die dort gespielt werden. Damit meine ich, ob das Gebet und das Schriftstudium gepflegt wird. Damit meine ich, ob Familienheimabend und sinnvolle Freizeitaktivitäten gepflegt werden. Damit meine ich, welchen Geist wir selbst zu Hause haben.



Zum Abschluss möchte ich aus Moroni zitieren.



„Darum möchte ich zu euch sprechen, die ihr von der Kirche seid, die ihr die friedlichen Nachfolger Christi seid und die ihr genügend Hoffnung erlangt habt, durch die ihr in die Ruhe des Herrn eingehen könnt, von dieser Zeit an, bis ihr bei ihm im Himmel ausruhen werdet.“ (Moroni 7:3)



Diese Ruhe, von der hier gesprochen wird, wird uns heute, hier und jetzt versprochen. Diese Ruhe können wir haben, wenn wir uns ernsthaft über die 3 Aspekte aus dem Gleichnis des barmherzigen Samariters Gedanken machen und diese umsetzen. Diese Ruhe kann ein jeder haben, egal wo und zu welcher Zeit man auf der Erde lebt. Davon gebe ich Zeugnis.

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